Zwischen öder Steppenlandschaft und faszinierenden Gebirgen
Der größte Teil dieses riesigen Landes ist ziemlich langweiliges Steppenland. Da muss man einfach durch. Aber wenn man es geschafft hat, dann erwarten einen die faszinierendsten Gebirgsformationen dieser Region. Die Geschichte des fast verschwundenen Aral Sees stimmt nachdenklich, und die historischen Relikte in und um Turkestan zeugen von der wechselhaften Vergangenheit.
Mangghystau
Ganz im Südwesten von Kasachstan, eingezwängt zwischen dem Kaspischen Meer und dem abgeschotteten Turkmenistan, verstecken sich faszinierende Naturlandschaften, die heute dank neuer Asphaltstraßen problemlos erreichbar sind. Es ist der ehemalige Meeresboden des Thetys Ozeans, der natürlich schon seit Millionen von Jahren verschwunden ist und dabei ein geologisches Freilichtmuseum hinterlassen hat.
Eine bizarre Wüstenlandschaft breitet sich vor uns aus, als wir auf steinigen und sandigen Pisten die Abrisskanten der Plateaus erreichen. Faszinierend erodierte Felsformationen und Berge beamen uns in eine andere Welt. Vergleiche mit Mond und Mars fallen, die Abgeschiedenheit tut ein Übriges.
Der riesige Salzsee Tuzbair, eingebettet zwischen senkrechten Kalksteinwänden im Norden und endloser Steppenlandschaft dem Süden zu, ist von unwirklich strahlendem Weiß, soweit das Auge reicht. Die vom Wasser filigran geformten Abrisskanten erinnern an kunstvolle Steinmetzarbeiten und die darüber aufgestellten Tafelberge verleihen der gesamten Szenerie eine unbeschreibliche Faszination. Wir trotzen dem Sturm, der an der Kante regelrecht verwirbelt wird und ein starker Windkanal entsteht, dass wir uns nur mit Mühe dagegen stemmen.
Von der Hauptstraße biegen wir auf eine Piste, die uns nach fünf Kilometern zu den Kyzylkup-Bergen bringt. Rote Berge, auch Tiramizu-Berge werden sie genannt. Von weitem schaut alles sehr unspektakulär aus. Wir nähern uns, und sind auch bei grellem Frühnachmittagslicht schon fasziniert. Zu späterer Stunde wird es noch besser: Verschiedenfarbige Erdschichten, durch Wasserläufe erodiert, bieten uns einen Anblick wie aus einem Märchenbuch. Ein kleiner Canyon ist hier entstanden und Wolkenstimmung und Licht zaubern ein faszinierendes Bild, aus jedem Winkel neu und unfassbar schön. Wir können uns gar nicht sattsehen. Schon beim ersten Morgenlicht sind wir wieder unterwegs und saugen den Moment in uns auf.
Die Region Boszhira ist einmalig schön, vor allem, wenn sich das gleißende Weiß des Kalksteins im Spiel von Sonne und Wolken immer wieder verändert. Wir fahren an der Abbruchkante entlang zu den Needles, frei stehende bizarre Felszacken, die aus der Ebene empor ragen. Alle paar Kilometer gibt es wieder einen ultimativen potentiellen Übernachtungsplatz an der Kante mit spektakulärem Ausblick – für welchen sollen wir uns denn nun entscheiden? Würde das Thermometer am Nachmittag nicht diese unangenehmen 42 Grad Celsius vermelden, könnten wir hier gut und gerne noch mehr Tage verbringen! Wir genießen die Abendstimmung bis das letzte Licht des Tages den grellweiß leuchtenden Kalk in ein zartes Pastell verwandelt.
Aralsee
Einst der viertgrößte Binnensee der Erde, verkümmerte diese gewaltige Wasserfläche innerhalb der vergangenen sechzig Jahre zu wenigen Resten. Verantwortlich dafür war die exzessive Baumwollerzeugung in der Sowjetunion, denn dafür wurde den maßgeblichen Flüssen Amudarja und Syrdarja das gesamte Wasser entzogen, so dass der Aralsee keinen Nachschub mehr bekam.
So wurde die überwiegende ehemalige Seefläche zur Wüste, der Aralkum. Dies hat erschreckende Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen. Hochgiftige Substanzen, von den starken Winden bis hoch in die Atmosphäre getragen, verteilen sich unkontrolliert.
Erste Erfolge einer Regeneration zumindest im nördlichen Teil sind spürbar, seit der Korakal-Staudamm in Kasachstan das Wasser zurückhält. Dadurch ist jedoch der südliche Teil in Usbekistan unwiderruflich verloren.
Es ist die umfassendste Zerstörung der Umwelt durch menschliches Eingreifen in die Natur …
Kosmodrom Baikonur
Die Welt horchte auf, als 1957 von hier eine Rakete in den Weltraum abhob, um den ersten künstlich hergestellten Satelliten überhaupt in die Erdumlaufbahn zu katapultieren. Bis zu diesen Zeitpunkt war es der Sowjetunion gelungen, den in der kasachischen Steppe entstandenen Weltraumbahnhof völlig geheim zu halten. Und als es 1961 gelang, mit Juri Gagarin den ersten Menschen ins All zu schicken, war die Sensation perfekt. In den folgenden Jahren starteten sämtliche sowjetischen Raketen von hier.
Mit der Unabhängigkeit Kasachstans befand sich der russische Weltraumbahnhof plötzlich in einem anderen Land und zwang die russische Regierung dazu, das Gelände von Baikonur für teures Geld auf lange Sicht zu pachten, bis ein eigener Weltraumbahnhof gebaut ist. Natürlich darf man dieses Areal nicht so einfach besuchen, lediglich ein paar Modelle und Schautafeln am Eingang sind zugänglich. Trotzdem ist es spannend, an dem Platz zu stehen, von dem aus der allererste bemannte Raumflug der Geschichte stattfand.
Das Mausoleum von Hodscha Ahmad Yasawi
Inmitten der kasachischen Steppe, an einem Ausläufer des Tian Shan Gebirges gelegen, brütet die uralte Stadt Turkestan in der Sommerhitze vor sich hin. Schon im Mittelalter war hier ein Zentrum des Karawanenhandels entstanden und wurde so auch zu einem kulturellen und religiösen Zentrum der Region. Vor allem das Wirken des Dichters und Sufi-Meisters Hodscha Ahmed Yesevi führte dazu, dass Turkestan rasch zu einem Pilgerort wurde. Am Ende des 14. Jh. lies der damalige Herrscher Timur Lenk das Mausoleum errichten, bis heute eines der bedeutendsten Bauwerke in Kasachstan. Doch noch vor der endgültigen Fertigstellung verstarb Timur Lenk, die Architekten zogen weiter nach Samarkand und Buchara und die Bauarbeiten wurden eingestellt. Auch heute noch sieht man so die alten Baugerüste an der Eingangsfassade, wo auch die Fliesen fehlen.
Heute ist das Mausoleum, flankiert vom kleineren Mausoleum von Rabia Sultan Khan und den Resten der Zitadelle in einen blumenreichen Park integriert und ein beliebtes Ausflugsziel der Bewohner von Turkestan. Weitere Gebäude, wie die kleine Freitagsmoschee, ein Badehaus und weitere Grabstätten ergänzen das Areal. Auch für muslimische Pilger ist es eine wichtige Stätte, denn eine dreimalige Pilgerreise hierher ersetzt sogar den Besuch in Mekka.
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Liebe Grüße an Euch alle,
Conny & Tommy